Das machst du toll!

Wie Kindergartenkinder im ElKiZ mit dem Element Wasser vertraut gemacht werden!

©SVZ / 10. Oktober: Mecklenburg-Vorpommern gehört zu den seenreichsten Regionen Deutschlands. Da liegt es nahe, dass hier auch alle Kinder schwimmen können sollten – und das so früh wie möglich. Wie das gelingen kann, machen mehrere Schweriner AWO-Kitas vor.

Wasser ins Gesicht spritzen? Haare nass machen? Untertauchen? Für viele Kinder ist das bis weit ins Schulalter hinein eine Horrorvorstellung. Nicht so für die Mädchen und Jungen in den Schweriner AWO-Kitas. Dort gibt es bereits seit zwei Jahren das Angebot der Wassergewöhnung, erklärt Ina Woisin, die bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Landeshauptstadt für das Eltern-Kind-Zentrum und das dazugehörige Bewegungsbad zuständig ist. In dem erst 2021 fertiggestellten Gebäude haben die „Igelkinder“ und die „Kleinen Schulzen“ ihre festen Schwimmbadzeiten.

Wobei es für sie noch lange nicht ums Schwimmen geht, betont Ina Woisin: Ziel sei es, die Mädchen und Jungen binnen eines Jahres mit dem Element Wasser so weit vertraut zu machen, dass sie sich dort ohne Scheu bewegen. Geübt werde das einmal wöchentlich in kleinen Gruppen von maximal zehn Kindern. „Ein Vorteil dabei ist, dass die Mädchen und Jungen die Wassergewöhnung zusammen mit ihrer Kindergartengruppe absolvieren, sie sich also nicht, wie in vielen klassischen Schwimmkursen, erst an andere Gesichter gewöhnen müssen“, erklärt Ina Woisin. Auch am Beckenrand und im Wasser würden sie von Personen begleitet, die sie kennen: Neben Kursleiterin Lionella Pejas sind jedes Mal auch zwei Begleitpersonen aus der jeweiligen Kita dabei.

Das sei ein nicht zu unterschätzender Aufwand, gesteht die Leiterin der Kita „Igelkinder“, Nicole Krause – aber auch einer, der sich unbedingt lohnt. Das zeigen nicht zuletzt die strahlenden Augen der in ihre Bademäntel gehüllten Mädchen und Jungen, die gerade aus dem Bewegungsbad zurück in ihren Gruppenraum gehen.

Das Schwimmbecken erobern derweil die „Kleinen Schulzen“, die mit dem Kita-eigenen Bus angereist sind. Hartwig Wolf, der ihn gesteuert hat, steigt nach dem Umziehen mit ins Becken. Niklas, der sich schon traut, mit einem Schwimmgürtel ausgerüstet ins Becken zu springen, bedeutet ihm, ruhig noch ein, zwei Schritte nach hinten zu gehen. Dann stößt sich der Junge vom Beckenrand ab – und bewegt sich zwar noch nicht mit exakten Schwimmbewegungen, aber doch stetig auf den Betreuer zu.

„Die meisten unserer Kinder können es gar nicht erwarten, dass ihr letztes Jahr vor der Einschulung beginnt – weil sie dann endlich zur Wassergewöhnung gehen können“, erzählt derweil die Leiterin der „Igelkinder“, Nicole Krause. Die Jüngeren würden zuschauen, wie die Großen sich zum Baden fertigmachen, und anschließend zuhören, wie sie davon erzählen – „da pflanzt sich die Begeisterung ganz einfach fort.“ Den Grundstein dafür würden die Erzieherinnen und Erzieher allerdings schon früher legen: „Genau genommen fangen wir mit der Wassergewöhnung bereits in der Krippe an“, erzählt die Kita-Leiterin. In den Funktionsräumen gebe es zum Beispiel einen Wasser-Matsch-Bereich, den die Kleinen lieben und wo sogar Schlammpartys gefeiert werden. In der warmen Jahreszeit gebe es draußen Rasensprenger, unter denen sich die Kinder erfrischen können. Angst, nass zu werden, habe dabei keiner, dafür lernten die Mädchen und Jungen quasi nebenbei, dass es gar nicht schlimm ist, wenn sie Wasser ins Gesicht oder sogar in die Augen bekommen.

In den Wassergewöhnungskursen wird dann darauf aufgebaut. In der ersten Phase geht es darum, dass die Kinder sich mit den Eigenschaften des nassen Elements – Wassertemperatur, Wasserdruck, Auftrieb und Wasserwiderstand – vertraut machen. Später lernen sie, die Eigenschaften des Wassers zu beherrschen und sich zum Beispiel vom Wasser tragen zu lassen oder den Wasserwiderstand zur Fortbewegung zu nutzen. Erst in der letzten Phase werden Schwimmbewegungen geübt. „Auch hier entscheidet jedes Kind in seinem eigenen Tempo und wird dementsprechend gefördert und gefordert“, betont Ina Woisin.

Am Ende des Jahres bekommt jedes Kind eine Medaille und eine Urkunde, auf der ihm bestätigt wird, was es in den zurückliegenden Monaten gelernt hat. „Wir achten darauf, dass jedes Kind mindestens bei zwei Rubriken ein Kreuz bekommt“, erzählt die Kita-Leiterin. „Hat viel Spaß im Wasser“ zum Beispiel konnte bisher jedem Kind attestiert werden. Auch „hat keine Angst, mit Schwimmhilfen im Wasser zu plantschen“ treffe auf alle ihre „Igelkinder“ zu. Fortgeschrittene tauchen, springen vom Beckenrand ins Wasser oder können ohne Hilfsmittel kleine Strecken schwimmen. Einzelne Kinder erfüllten nach dem Jahr Wassergewöhnung sogar schon die Anforderungen für das „Seepferdchen“, ergänzt Ina Woisin.

Damit haben sie schon einen ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zum sicheren Schwimmer zurückgelegt. Und ein solcher sollen alle Kinder in Mecklenburg-Vorpommern spätestens dann sein, wenn sie die Grundschule beendet haben. Das ist erklärtes Ziel der Landesregierung, hinter dem auch die Opposition steht.

„Wir sind das seenreichste Bundesland und haben die längste Küstenlinie. Deswegen ist es ganz besonders wichtig, dass alle Kinder in Mecklenburg-Vorpommern schwimmen lernen. Sie sollen möglichst früh die Angst vor dem Wasser verlieren, aber auch die Gefahren im Wasser kennenlernen“, begründet Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) das. Seit diesem Schuljahr gilt deshalb ein neues Konzept für den Schwimmunterricht an den Schulen. Vorgeschaltet soll ein Modell in Kitas werden, für das die AWO-Einrichtungen in der Landeshauptstadt Pate stehen. Ab 2024 will das Land pro Jahr zehn Kindertagesstätten mit einer Anschubfinanzierung dabei unterstützen, ebenfalls zu „Aqua-Kitas“ zu werden, die Wassergewöhnungs- und Schwimmkurse anbieten. In jedem folgenden Jahr sollen zehn neue Kitas hinzukommen.

Ob es dafür genug Interessenten geben wird, bleibt abzuwarten. Denn solche hervorragenden räumlichen Gegebenheiten wie in den Schweriner AWO-Kitas dürfte es nur in sehr wenigen anderen Einrichtungen geben. Die AWO bietet indes an, ihr Becken auch an andere Träger zu vermieten, eine Kita des Internationalen Bundes habe das schon angenommen, so Ina Woisin. Für andere, zum Beispiel aus dem Umland, können vielleicht auch Kompaktkurse eine Lösung sein, wie es sie im schulischen Bereich schon gibt, blickt Simone Mühlbauer, die bei der Schweriner AWO den Bereich Kita und Familie leitet, in die Zukunft. Denn jedes Kind sollte schwimmen können.

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